social distancing und covid19 im online marketing

Die notwendigen von der Regierung veranlassten Geschäftsschließungen zur Verlangsamung der Ausbreitung des Corona-Virus hinterlassen schon jetzt – rund 14 Tage nach dem Einsetzen der Maßnahmen – tiefe Wunden bei den Unternehmen. Einzelhandel und Tourismus beklagen dramatische Einbußen, aber auch Unternehmen anderer Branchen bangen während der Covid-19-Pandemie um ihr Überleben.

Winner & Loser in Zeiten der Krise

Neben Herstellern von Gesichtsmasken und Schutzanzügen gibt es noch eine Reihe weiterer Unternehmen, die von der derzeitigen Situation profitieren. Der wohl vielen bis dato unbekannte Online-Marktplatz der österreichischen Post AGshoepping.at – beispielsweise kann einen Traffic-Zuwachs von 400% verzeichnen, wie DER STANDARD berichtet. Nicht nur Kunden, sondern auch Händler würden ein wachsendes Interesse am österreichischen Online-Marktplatz zeigen. Der sich vor der Krise bereits abzuzeichnen beginnende Trend zum regionalen und lokalen Konsum erlebt während der Coivd-19-Krise einen ordentlichen Schub. Neben dem wachsenden Bewusstsein, heimische Unternehmen und Betriebe zu fördern und so den globalen Big Playern zumindest teilweise das Handwerk zu legen, sind natürlich auch verzögerte Lieferketten und Logistikprobleme der Re-Ortientierung auf den heimischen Markt geschuldet.

 

Zoom – Home Office als Booster

Das mit Einschränkungen kostenlos nutzbare Tool Zoom, welches kostenlos Cloud Meetings bis zu 40 Minuten ermöglicht (darüber hinaus wird eine Gebühr fällig) kann seine Marktposition neben Skype, Microsoft Teams, etc. ebenfalls infolge von Home Office und Social Distancing ausbauen. Wie das Online-Marketing Analyse-Tool SEMrush bericht, konnte das Suchvolumen für „Zoom“ bereits von Januar bis Februar einen Zuwachs von 22% verzeichnen:

Bis Ende März wird von Zuwächsen von bis zu 108% ausgegangen.

 

Pornhub – Zeit lustvoll nutzen

Ein weiterer starker Gewinner der Krise: Die Pornoindustrie. Isolation, Langeweile, Vereinsamung sowie die vorübergehende Schließung von Bordellen und Sexarbeits-Etablissements aller Art stärken die Pornoindustrie noch mehr. So veröffentlichte einer der bekanntesten Pornowebsites Pornhub ihre Zuwachszahlen bis zum 17.März 2020: Klar zu erkennen: je länger Ausgangssperren dauern und je mehr Länder davon betroffen, desto höhere Traffic-Steigerungen:

Auch Pornhub zeigte soziales Engagement: Um für mehr Abwechslung während der Quarantäne zu sorgen gab es in Italien ab dem 12. März Gratis-Zugang zum Premium Service der Plattform. Eine zu erwartend rasante Traffic-Steigerung (57%) war die logische Konsequenz:

Kleines Detail am Rande: Wie verschieden Geschmäcker wirklich sein können, zeigt sich an den Suchanfragen auf Pornhub:. Wie die Plattform selbst vermeldete, gibt es immer mehr Suchanfragen für Sexszenen mit Corona-Virus-Bezug, also etwa Sex zwischen Gesichtsmasken-tragenden Darstellern.

Auch zahlreiche andere Branchen wie Online-Lieferdienste, Streaming-Portale, Online Apotheken, Lebensmittel-Handel mit Zustell-Option etc. durften sich über Gewinn-Zuwächse freuen. Wie zu erwarten, konnten Online-Bestellungen für Quarantäneprodukte wie Pasta, Nudeln, Mehl und so weiter im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 300 Prozent, für Nahrungsergänzungsmittel und Medizinprodukte gar um 400% zulegen.

 

Amazon – Der ewige Gewinner

Mit Sicherheit für kein „Aha-Erlebnis“ sorgt der nächste Profiteur der Covid-19-Pandemie: Der Online-Marktplatz-Riese Amazon.

Während nicht nur Geschäftslokale sondern auch viele Online-Händler aufgrund des derzeitigen zurückhaltenden Konsumverhaltens mit dem Überleben kämpfen, hat Amazon auch in diesen Tagen wieder ganz weit die Nase vorn: Über 100.000 neue Mitarbeiter wurden seit dem Ausbruch der Krise in den USA und Europa vom Giganten eingestellt, um die rasante Nachfrage zu befriedigen, obgleich auch ein Versandhändler-Gigant wie Amazon, der riesige Lagerhallen an allen Standorten besitzt, bereits mit Engpässen bei beispielsweise Haushaltswaren zu kämpfen beginnt. Auch viele Unternehmen, die sich den immer öfter in Kritik geratenen Richtlinien und Gebühren für externe Händler bisher entziehen konnten und Amazon als Verkaufskanal umgehen konnten, müssen in Krisenzeiten zur Überlebenssicherheit ihre Produkte über den globalen Marktplatz vertreiben.

Angesichts einer solch dramatischen Veränderung des Alltags- und Konsumlebens, wie wir sie derzeit vorfinden ist es naheliegend, dass sich auch das Suchverhalten auf der Verkaufsplattform selbst ändert. Amalyze liefert uns dazu ein paar aufschlussreiche Zahlen:

Suchanstieg der letzten 90 Tage bis zum 18. März 2020 Quelle:AMALYZE

Ende Dezember 2019 bis Mitte März 2020, Quelle: AMALYZE

Ende Dezember 2019 bis Mitte März 2020, Quelle: AMALYZE

Ende Dezember 2019 bis Mitte März 2020, Quelle: AMALYZE

Interessant ist allerdings, dass die Menge an Suchen stabil bleibt. Dies ist wohl der vorherrschenden Existenzangst der Konsumenten geschuldet, die in Zeiten von Entlassungen, Kurzarbeit und Unternehmensinsolvenz lieber den ein oder anderen Euro an verzichtbaren Luxusgütern sparen.

 

Airbnb – Vom globalen Winner zum globalen Verlierer

Als Pendant zum Marktplatz-Giganten Amazon – und auch hier wird ebenfalls kein „Aha“-Effekt erwartet – findet sich der Vermietungsplattform-Riese Airbnb in der Liste der Verlierer ganz oben. Wie bereits sicher jedem Viel-Surfer aufgefallen ist, hat das Unternehmen seine gesamten Marketing-Maßnahmen bis auf Weiteres komplett eingestellt.

 

Zalando – Die Jogginghose reicht vorerst

Und noch ein weiterer Quasi-Monopolist findet sich in der Liste: Zalando. Hier ist das Aha-Erlebnis unter Umständen schon etwas größer auch wenn es eigentlich logisch ist, dass Jogginghose und Schlabberpulli in Quarantäne-Zeiten wunderbar als Alltags-, Freizeit- und Business-Outfit durchaus reichen, zeigt sich doch, dass die Krisenstimmung tiefer im Bewusstsein sitzt, als es angenommen werden kann, schließlich wirkt sich viel freie Zeit und deprimierende Grundstimmung in der Regel durchaus positiv auf Fashion-Shopping aus.

Ganz vorne unter den am stärksten betroffenen Branchen zählen natürlich Airlines, Tourismus-Plattformen wie Booking.com, die Eventindustrie oder die Gastronomie, aber auch viele kleinere und mittlere Online-Unternehmen, die Produkte anbieten, die indirekt von der Krise betroffen sind.

Covid-19-Krise als Chance für die Digitalisierung?

In vielen Bereichen wurde das Rüsten fürs digitale Zeitalter lange verschlafen. Kleine Geschäfte haben lange Zeit auf eigene Unternehmenswebseiten verzichtet und die Investition in einen Online-Shop (zu) lange vor sich hergeschoben. Home Office und Remote-Working sind – zumindest in Österreich – in fast allen Branchen noch immer undenkbare Arbeitsformen, unter anderem, da die Arbeitgeber den meisten Studien zum Thema immer noch keinen Glauben schenken und somit die eigentlich widerlegten Produktivitätseinbußen fürchten. Digitale Lernunterlagen für Schülerinnen und Schüler werden in öffentlichen Schulen verhältnismäßig wenig und schleppend eingesetzt.

Nach den raschen und einschneidenden Lebens- und Arbeitsbedingungen durch die Maßnahmen der Regierungen musste quasi über Nacht ins gar nicht mehr allzu kalte Wasser der Digitalisierung gesprungen werden.

 

Heimische Unternehmen springen auf den Digitalisierungs-Zug auf

Regionalität und somit Nachhaltigkeit erlebt unter der Krise sicherlich einen digitalen Aufwind: Neben dem bereits erwähnten Erstarken des österreichischen Amazon-Pendants shoepping.at, stellt beispielsweise die Plattform wiederverkaufen.at seine Online-Plattform Handelsunternehmen zur Verfügung, um diesen eine schnelle und unkomplizierte Lösung zum Online-Verkaufen anzubieten.

Niederösterreich etwa schafft eine eigene Plattform, auf der sich heimische Unternehmen präsentieren können, um auch hier das Konsumverhalten weg von den Big Playern und hin zu lokalen Unternehmen zu führen.

Um das auf Notstand heruntergeschraubte Wirtschaftsleben zusätzlich zu fördern, gibt es beispielsweise Förderungen durch die Stadt Wien, die mit finanziellen Hilfen Kleinunternehmen unterstützen, Online-Shops aufbauen zu lassen.

Allein in Österreich gibt es seit Ausbruch der Corona-Krise daher über 300 neue Online Händler. Doch auch wenn viele lokale Unternehmen jetzt auf Lieferservice und Online-Shops  setzen, so ist dies leider keine Generallösung und wird nicht jedes Geschäft vor dem Aus bewahren können.

Digitalisierung ist nicht immer der Weisheit letzter Schluß

Es sind nicht nur die fehlenden digitalen Verkaufsplattformen, die der Umsatzerwirtschaftung im Weg stehen. Lieferketten und Logistikprobleme fehlen für den reibungslosen Ablauf der Geschäfte. Und auch wenn Einkünfte erzielt werden können, reichen diese oftmals nicht, um die Mieten der geschlossenen Geschäftsräume und weitere anfallende Fixkosten zu begleichen. Neben der bereits erwähnten „Konsumfaulheit“, dem stärkeren Online-Wettbewerb und natürlich auch das fehlende, zielgerichtete „Krisen-Marketing“ kommt noch ein entscheidender Faktor hinzu: Das Erlebnis, das in manchen Branchen mit dem Produkt erworben wird, lässt sich nicht so einfach „ver-onlinen“. Wer den kleinen schäbigen Buchladen an der Ecke mit stark begrenztem Sortiment aufsucht, statt online auf Amazon oder offline in einer bestausgestatteten Thalia-Filiale zu stöbern tut dies nicht etwa nur, um lediglich ein bestimmtes Buch zu kaufen. Nein, vielmehr genießt es solch ein Kunde/solch eine Kundin, den Nachmittag inmitten des Geruchs alter Bücher zu verbringen, die auf den Optimierungswahn unserer Zeit einfach pfeiffen und daher einfach auf ein paar alten, von Holzwürmern befallenen staubigen Regalen in der Eigenlogik des Besitzers gestapelt vorsichhinliegen. Auch vertrauen diese Kunden darauf, dass der Buchhändler des Vertrauens den eigenen derzeitigen Gemütszustand förmlich riecht und genau die dafür richtige Lektüre bereithält.

Auch wenn die Covid-19-Krise durchaus eine „Durch-Digitalisierung“ mancher Bereiche fördert, so sind dem eben auch Grenzen gesetzt.

Krisen-Branding & Brand Safety

Auch für das Unternehmens-Marketing ist die derzeitige Situation eine große Herausforderung.

So ist es beispielsweise wichtig, dass Ads nicht neben Krisenberichten erscheinen, um die unbewusste Verknüpfung von Brand und Katastrophe nicht entstehen zu lassen. Kostenloser Versand sollte nicht als „Corona-Versand“ etc. tituliert werden (alles leider schon gesehen).

Generell gilt, dass Unternehmen den Drahtseilakt zwischen ihrer Corporate Responsibility, angemessener Selbstvermarktung und natürlich der Umsetzung von Gegenmaßnahmen wegen Umsatzeinbußen während der Krisenzeit bewerkstelligen müssen.

Sowohl aus moralischen als auch aus unternehmensstrategischen Gründen ist es natürlich unabdingbar, nicht den Eindruck zu erwecken, aus der derzeitigen globalen Notlage Kapital schlagen zu wollen oder eine Image-Kampagne zu starten.

Global Player und die Krise

Airbnb beispielsweise hat bereits zu Beginn der Krise verlautbart, kostenlose 100% Stornierungen vorzunehmen und auch die Vermieter, die von Verdienstausfällen betroffen sind, zu unterstützen. Wie genau diese Unterstützung aussehen soll und ob sie wirklich kommt, ist jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch ungewiss. Wichtig ist jedoch, dass das Unternehmen bereits früh erkannt hat, als Unterstützer aufzutreten. Obwohl Airbnb zwar bis zum Ausbruch der Krise geboomt hat, zeichnete sich auch hier ein Image-Verlust ab und Stimmen wurden lauter, beim Reisen vermehrt auf Nachhaltigkeit zu setzen und lokale Pensionen, Hotels und Gastwirtschaften zu stärken, um dem Airbnb-Wahn und dessen Mietpreis-Folgen für die einheimische Bevölkerung Einhalt zu gebieten.

Almdudler hingegen positioniert sich beispielsweise als der „Hüter der Gastronomie“ indem pro verkaufter Limonade 0,10 EUR an die heimische Gastronomie gehen. Dabei ist natürlich klar, dass das Unternehmen viele seiner Absätze in der derzeit geschüttelten Gastronomie generiert, ergo auch ein großes Interesse darin hat, diese in großem Umfang zu erhalten.

Spar, Rewe und Hofer versprechen ihren Angestellten Prämien, denen von der Regierung Steuerfreiheit garantiert wird.

Auch Google hat dieser Tage allerhand zu tun. So wird fieberhaft daran gearbeitet, Ads von Unternehmen, die aus der derzeitigen Ausnahmesituation Kapital schlagen wollen, zu verbannen. Ads und Unternehmen, die Covid19 Test Kits, Gesichtsmasken, Schutzanzüge oder auch Desinfektionsmittel zu horrenden Preisen vertreiben werden derzeit so sorgfältig – so gut es eben möglich ist in den endlosen Weiten des World Wide Webs – ausgesiebt. Gleichzeitig werden Regierungen dabei unterstützt, ihre Messages unters Volk zu bringen und die Kriseneinrichtungen mindestens so schnell zu finden wie einen Wikipedia-Eintrag:

Fazit

Die Chancen und Herausforderungen für Handelsunternehmen und Betriebe sind in der derzeitigen Situation enorm. Genaue Daten, Auswertungen und Statistiken sind noch nicht vorhanden – befinden wir uns doch alle noch mitten im Covid-19-Ausbruch.

Es lassen sich lediglich zeitverzögerte Kurz-Trends ablesen, die einem so noch nie dagewesenen raschen Wandel unterworfen sind. Das Konsumverhalten im weiteren Verlauf der Krise aber auch in der Zeit danach ist unklar und schwammig und wird uns Marketer mit Sicherheit noch einiges an Analyse und wachem Auge kosten. Wir wissen alle nicht, wie die Krise in den Köpfen der Konsumenten nachwirkt. 100% klare Aussagen vermeintlicher Marketing-Experten sind in Zeiten wie diesen mit Sicherheit ein Garant für unseriöse Praktiken.

Dennoch wollen wir an dieser Stelle ein paar wenige, vorsichtige Tipps geben:

Online-Marketing Tipps während Covid-19

Google Ads: Hier herrscht unter Experten Uneinigkeit darüber, wie sich die aktuellen CPCs verhalten. Dies ist mit Sicherheit stark branchenabhängig. Eine komplette Einstellung von Google Ads beispielsweise ist nicht zwingend sinnvoll, hier heisst es: das Verhalten am besten täglich genau zu analysieren und vor allem den Ad Spend entsprechend anzupassen! Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Für einen unserer Kunden, der eine große Eventagentur betreibt, wurden sofort nach Verlautbarung der Regierung über Ausgangsbeschränkungen, Versammlungsverbot alle Kampagnen sofort eingestellt, um keine weiteren unnötigen Kosten zu verursachen. Nach zeitnaher Absprache mit dem Kunden wurden die Anzeigen mit verringertem Budget wieder geschalten, da uns berichtet wurde, dass sehr wohl immer noch neue Anfragen gestellt werden. Es zeigt sich also, dass Menschen ganz unterschiedlich mit der Situation umgehen, und einige die freie und entschleunigte Zeit dazu nutzen, um Planungsvorhaben umzusetzen. Diese Leads können einen wertvollen Boom für die Zeit nach der Krise darstellen. Dennoch gilt: Eine ganz genaue Analyse und Anpassung ist zwar immer wichtig, doch jetzt wichtiger denn je, um keine unnötigen Ad Spents zu verursachen. Kampagnen einfach laufen zu lassen wie bisher ist mit Sicherheit in den allerwenigsten Fällen derzeit die beste Idee!

SEO und Content Marketing sollten- sofern möglich – auch in Covid19-Krisenzeiten aufrechterhalten werden. Natürlich gibt es jetzt einen Einbruch in der Such-Anfrage, jedoch stehen die organischen Rankings auf dem Spiel, wenn jetzt alle SEO-Maßnahmen gestoppt werden. Denken Sie daran, es gibt auch eine Zeit nach der Krise und die Suchanfragen kommen zurück – wenn auch unklar in welchem Ausmaß. Vor allem für die Zeit nach der Krise ist es umso wichtiger, in Googles Suchmaschine so sichtbar wie möglich zu sein, um Corona-Verluste schnellstmöglich wieder ausgleichen zu können.

Der Suchterm “covid 19” ist übrigens jetzt schon in die Geschichtsschreibung der digitalen Welt eingegangen: Suchanfragen zum Thema COVID-19 zählen bereits jetzt – am Anfang der Epidemie – zu den größten „Suchtrends“ in der Geschichte der Google-Suche.

Geraldine Edel ist seit 2016 als Senior Google Ads Managerin für Slidebird tätig. Zu ihren Aufgaben zählen die strategische Planung von Google Ads Kampagnen sowie die Umsetzung und Betreuung unserer Kunden.